HR zu neuer Blüte: Was uns Bots und KI in Zukunft bringen.

In meinem letzten Post habe ich mich dem Thema HR-Bots genähert. Ich bin darauf eingegangen, was (aus meiner Sicht) Bots ausmachen und was Künstliche Intelligenz momentan für HR bedeutet. Dabei habe ich die (gewollt provokante) Frage gestellt, ob ein Bot oder KI den Personaler ersetzen kann. Die Antworten waren einstimmig: Das wird nicht möglich sein.

Im Rahmen meines Vortrags auf der diesjährigen Zukunft Personal in Köln, habe ich mir Gedanken über die Zukunft von HR in einer vernetzten und künstlich intelligenten Welt gemacht. Auch bei meinem Vortrag bin ich über die Geschichte der Bots und von KI zu deren heutigen – und möglichweise zukünftigen Einsatzgebieten im HR gekommen.

Den Wert von guter und umfassender Personalarbeit wird auch in Zukunft kein Bot aufwiegen können. Warm anziehen sollten sich aber die Kollegen, die eigentlich nur ihre Ruhe wollen und hinter verschlossenen Türen Tabellen auswerten und Verträge schreiben möchten.
„Hä, hallo? Wer macht denn sowas noch?! Geht doch gar nicht mehr!“ Ich sehe (insbesondere bei meinen Berliner Kollegen) schon die Fragezeichen. Aber Berlin ist nicht der Nabel des wirtschaftsstarken Deutschland. Und beim traditionsreichen Mittelständler ticken die Uhren auch ein wenig anders als im StartUp. Und mal ganz zu schweigen von Großkonzernen, wo bei einer „neuen“ Rollendefinition Jahre ins Land ziehen, ehe alle „mitgenommen“ sind.

Aber das wird es eben nicht mehr geben. Das feilschen um Nebensätze in der Rollenbeschreibung, das zurückziehen auf Admintätigkeiten, vorbei.

Was wir in Zukunft besprechen müssen ist nicht mehr, wie wir die Rolle als HR (Business Partner) leben wollen, sondern wie wir insgesamt unseren Job neu gestalten.

In einer Welt, die zwar zunehmend komplexer wird, aber auch Annehmlichkeiten für unsere Berufsgruppe bereithalten wird. Welche Annehmlichkeiten das sein könnten und was wir als HR tun sollten, um gut durch die nächsten Jahre zu kommen – das habe ich mal aus meiner Sicht zusammengeschrieben.

Recruiting

Jo Diercks hat in seinem Artikel über Recruitingbots auch schon seine Gedanken Richtung Zukunft der Recruitingbots gemacht. Beim diesjährigen HR-Barcamp in Berlin war seine Session sogar so beliebt, dass er sie zweimal anbieten durfte.

Neben dem erwähnten Artikel von Jo Diercks, hat meine geistreiche Kollegin Dagmar Dörner einen schönen Blogpost geschrieben, wie das in Zukunft so laufen wird im Recruiting. Der Spieß ist umgedreht. Der Recruiter muss delivern und der Kandidat ist König. Wer Engpass-Stellen zu besetzen hat, der weiß: Ist ja eigentlich jetzt schon so. Werben, werben, werben.

Aber Bots und KI können uns ganz neue Möglichkeiten bieten: Stell dir einfach vor, die Terminvereinbarung fällt weg. Dein Terminbot kommuniziert mit dem Kandidatenbot und dem des Hiring Managers. Alle grundsätzlichen Fragen sind eh schon geklärt, weil wir aufgrund des Fachkräftemangels eine Arbeitsmarkttransparenz haben, die die Firmen dazu zwingt, Gehälter offen zu legen und Kompetenzprofile klar zu umreißen.

Gehalt ist also auch schon vorverhandelt – Bot sei Dank. Die Benefits geklärt, die Fragen zur Stelle sowieso, die neuen Kollegen und den Arbeitsplatz konnte man sich schon im 360°-Bild anschauen und der grundsätzlichen „Personal und cultural fit“ wurde anhand von vorhandenen Daten abgeglichen. Grundsätzlich können sich also Kandidat wie Unternehmen sicher sein: Irgendwie hat es schon „gefunkt“.

Was aber trotz aller virtueller Vorverhandlung eben sehr wahrscheinlich nicht ausfallen wird, ist ein persönlicher Kontakt. In einer Welt, die immer mehr durch die digitale Kommunikation getrennt wird, nimmt die persönliche Kommunikation wieder einen höheren Stellenwert ein. Das ist meine steile These.
Ich denke also, dass uns als HRler an der Stelle Bots und KI eine Menge abnehmen können, was wir momentan als stark administrativen Teil im Recruiting erleben.

Das ist doch toll: Wir haben also mehr Zeit, um uns umfassend um den Kandidaten zu kümmern. Du musst also wirklich zum Menschen-Experten reifen, ansonsten sucht sich das Talent einfach jemanden, der „irgendwie netter“ ist und mehr auf ihn oder sie eingeht. Du wirst als HRler bzw. Recruiter also endgültig das wichtigste Aushängeschild deines Unternehmens und bist der wichtigste Kontaktpunkt für den Kandidaten.

Admin-Tätigkeiten

Diese tollen und superschicken CV-Vorlagen aus dem Internet. Mein Gott sind die smart designt – wirklich hübsch und so übersichtlich!
Leider vergessen diese Designer (weil keine HRler) immer eine Sache, die für die Erstellung eines Arbeitsvertrages wichtig ist: Geburtstort! Meistens vergesse ich das auch im Gespräch zu erfragen. Bedeutet dann zwangsläufig wieder eine Mail oder ein Anruf mehr – denn ohne Geburtsort keinen Vertrag.
Und überhaupt,ich bin wirklich nicht die mit dem Auge für Details. Ich brauche noch ein zweites Augenpaar, das nochmal drüberliest. Also klaue ich mit meiner Ungenauigkeit auch noch die Zeit meiner Kollegen.

Auftritt Bot: Der macht dieses ganze Vertrags- und Admingedöns nach Vorlage einfach vollautomatisch. Er braucht mich nicht mal mehr Gehaltsdetails von mir, weil er ja ohnehin mit dem Recruitingbot kommuniziert hat. Und der hat ja wiederum nun schon alles ausgehandelt, was für den Vertrag wichtig ist. (Blockchain für HR-Bots wäre eventuell auch mal was Spannendes…aber das führt nun zu weit.)

Um den Arbeitsvertrag müssen wir uns also keine Sorgen mehr machen. Und um die Beantwortung von Standardfragen der Führungskräfte und Mitarbeiter auch nicht mehr. Was muss ich nochmal machen, wenn meine Mitarbeiterin schwanger ist? Frag doch einfach den Sprachbot! Der wird dir helfen. Wieviel Urlaub habe ich noch? Frage den Bot! Kann ich mal meine Gehaltsabrechnung von Juni 2014 sehen? Frag den Bot, der schickt sie dir!

Jetzt darf sich jeder von euch mal zusammenrechnen, wie viele Stunden er in der Woche nur mit der Beantwortung von Mitarbeiter- und vor allem Management-Anfragen verbringt. Wie war das nochmal bei diesem Mitarbeiter? Wer hat nochmal vor kurzem mehr Gehalt bekommen?

Und bevor du jetzt sagst: Man Eva, dafür gibt es doch ein FAQ und die haben doch alle Zugriff auf die Daten ihrer Mitarbeiter…sag mir in welcher Firma du arbeitest, bei der die Anfragen nicht trotzdem auflaufen. Ich schicke dir eine Glückwunschkarte! Meine ich ernst! 😊

Personalentwicklung

Der HR-Bereich, auf dem sich nach dem Recruiting gerade am meisten tut, ist wahrscheinlich Personalentwicklung. Beim Learning und Development will man in nichts mehr nachstehen. Virtuelle Lernwelten, neue Konzepte und Methoden sprießen wie Pilze auf dem Boden. Lebenslanges Lernen ist ja kein neuer Begriff, aber mit den neuen technologischen Möglichkeiten kann es zu einem 360°-Lernen werden.

Stell dir vor, du lernst einfach nebenbei und ganz natürlich. Ohne, dass du es merkst, integrieren sich neue Inhalte und Skilltrainings in deinen Alltag. Durch Programme und Apps, die genau zur richtigen Zeit aufploppen, kannst du dich beständig weiterentwickeln. Und sogar neue Kompetenzfelder entdecken. Vielleicht bist du ja doch ein begnadeter Autor oder du solltest endlich mal was mit deinem ganzen Wissen über Ernährung anfangen?

Stell dir vor, deine neuen virtuellen Helfer erlauben es dir, mehr als nur einen Job auszuüben. Oder auf mehr als nur ein bestimmtes Kompetenzset festgelegt zu sein.
Dann vernetzt dein Trainingsbot dich dankenswerter Weise auch noch mit Menschen, die dich persönlich oder mental weiterberingen können. Count me in! Das wäre mein Träumchen.

Wenn du dann die top ausgebildeten und multi-jobbenden Mitarbeiter hast, dann musst du natürlich als HR nicht nur dein eigenes Skillset im Blick haben, sondern auch das des Unternehmens. Welche Skills sind gerade wichtig? Welchen Teil der Mitarbeiter bekommt man auf ein bestimmtes Set hin fit – und bis wann? Wer braucht dazu 3 Monate, wer 6?
Das sind alles Fragen, die sich in Zukunft in einer viel kürzerer Zeitspanne stellen werden. Wenn du also keine Lust hast, dich mit deinem Unternehmen und dem angebotenen Produkt oder der Dienstleistung umfassend zu beschäftigen, dann hast du in Zukunft ein Problem.

Aber wie sollst du denn wissen, was dein Unternehmen gerade braucht und ob deine Mitarbeiter mit ihrer Tätigkeit gerade happy sind? No Problemo! Dafür gibt es doch:

Analysen und Kennzahlen

FunctionHR, die ich auch schonmal hier vorgestellt habe, räumen gerade ziemlich viele Preise im HR-Bereich ab. Warum? People Analytics! Da will jetzt jeder mitreden können.

Das Thema KPIs ist im HR eines der meistdiskutierten und auch eines der schwierigsten, wie ich finde. Welche HR-KPIs machen für mein Unternehmen Sinn? Und vor allem: Was leite ich daraus dann für den HR-Bereich oder für das Unternehmen im gesamten ab?

In einer schönen, neuen HR-Welt, ist die Flut aus schlecht programmierten und aussagelosen Excel-Tabellen vorbei. Lösch diesen Ordner einfach. Du wirst ihn nicht mehr brauchen.
Stattdessen gibt es ein System, das mit vielen externen wie internen Schnittstellen kommuniziert und einem als Personaler dabei hilft, den Markt insgesamt besser verstehen zu können.
Wie ist mein Unternehmen im Bewerbermarkt positioniert? Welche technologischen oder marktlichen Entwicklungen kommen wahrscheinlich auf uns zu? Und wie kann ich diese in meinem Unternehmen umsetzen? (Ich sag nur: Personalentwicklung!)

Es wird extrem viele Informationen geben, die nicht nur elektronisch, sondern auch durch den Personaler gefiltert werden müssen. Denn das Umsetzen von Entwicklungsthemen, das Duchfürhen von Mitarbeitergesprächen, das Entwickeln von Ideen zur Umsetzung von Veränderungen im eigenen Unternehmen sowie das Leisten von Überzeugungsarbeit anhand von Zahlen in Zusammenarbeit mit einem „Gefühl“ für die Organsisation – das sollten in Zukunft wichtige Treiber von HR-Arbeit sein.
Nicht alles, was nach Zahlen gerade sinnvoll ist, kann wirklich durch die Organisation gedrückt werden. Jeder, der mal einen Change-Prozess im Unternehmen mitgemacht hat weiß, was ich damit meine.

„Get a seat at the table“ ist also nicht mehr eine in die Zukunft gerichtete Aufforderung – du hast dann den Stuhl am Management-Tisch und du solltest dir etwas dazu einfallen lassen, wie du ihn besetzen willst.

Apropos umsetzen von Handlungshinweisen…da hätten wir ja noch meinen liebsten Themenstrang im HR:

Unternehmenskultur

Mein Lieblingsthema: die Unternehmenskultur. Der Melting– und Hitzige-Diskussions-Pot in jeder Firma: Haben wir eine Unternehmenskultur? (SPOILER – die Antwort lautet: Ja! IMMER!) Wie sieht sie aus? Wahlweise: Wer ist daran schuld? Oder: Wie können wir sie weiter nähren?
Fragen über Fragen.

Die wird auch sehr wahrscheinlich kein Bot in Zukunft beantworten können. Die meisten Systeme, die sich um Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeiterengagement und Performance Management drehen, haben einen Schwachpunkt: Sie produzieren Ergebnisse und Handlungsempfehlungen – aber wenn diese niemand übersetzen kann für das eigene Unternehmen, dann ist es ein Problem.

Ich glaube, dass sich vor allem hier der wahre Wert von HR in Zukunft herauskristallisieren wird, weil hier auch ein wichtiger Schnittpunkt zu den Themen Recruiting und Analysen und Kennzahlen besteht.

Ich kann noch so tolle Leute ranholen, noch so viel Wissen reinpumpen und mir noch so viele Analysen machen lassen: Wenn ich nicht mit Menschen und mit der Kultur, die sie zwangsläufig mitbringen, arbeiten kann, dann werde ich in Zukunft ziemlich dumm aus der Wäsche gucken als HRler. Daher:

Werde zum Gestalter!

Mein Mehrwert als HR wird in Zukunft also noch sehr viel stärker als heute über meinen Beitrag zur Arbeits- und Umgangskultur des Unternehmens gemessen. Die HR-Rolle macht nur dann einen Sinn, wenn ich Menschen und ihre Bedürfnisse verstehen möchte.

Ich muss in der Lage sein, die künstliche Zahlenwelt in eine menschliche Welt zu übersetzen, die auch in 20 Jahren noch von bestimmten Bedürfnissen geprägt sein wird. Die Suche nach sinn- wie wertvoller Arbeit wird weiter zunehmen. Wenn ich es also nicht schaffe als HR, mit meiner Arbeit zwischen den Bedürfnissen eines sich immer weiter vernetzenden Marktes, den Bedürfnissen des eigenen Unternehmens sowie die des einzelnen Mitarbeiters zu vermitteln, dann wird es schwer.

Denn genau das wird in Zukunft das wichtigste Kapital von HR sein: Empathie – die Lust, sich auf den einzelnen Menschen einzulassen sowie komplexes strategisches Denken – das weder die Entwicklungen des Marktes noch die Entwicklungen des Unternehmens aus dem Blick lässt.

Das ist definitiv keine leichte Aufgabe und viele der gängigen Systeme erlauben oft nur das eine oder das andere. Die Zusammenführung der vielen Themen obliegt also dem geschulten HRler – im übrigen auch heute schon.
Mein geschätzter Kollege Jannis Tsalikis hat einen schönen „Bist du Verwalter oder Gestalter“-Test veröffentlicht, mit dem ihr euch schonmal leicht auf die kommende Rolle vorbereiten könnt: Falls ihr nur „Verwalter“ seid, dann wäre genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um daran etwas zu ändern.

Wie lautet deine Meinung? Ist das alles Quatsch? Hast du Angst vor dem, was kommt? Oder freust du dich auf deine virtuellen Helfer?

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