Ich habe da so eine These: Wer kommunikativ ist und sich gerne mit Menschen umgibt, wird entweder Entertainer, Politiker oder HRler (jaja, nicht ganz empirisch belegbar).
Es klingt erstmal harmlos: Was mit Menschen machen. Menschen kennt man. Ist man ja selbst einer. Gut, da gibt es natürlich ein paar nervige Zeitgenossen, aber im Großen und Ganzen…man war ja nicht umsonst Klassensprecher.
Nach meinem Soziologiestudium (der aktuelle Birkenstock-Trend ist mir irgendwie unheimlich), war klar: Taxifahren oder was Ordentliches. Meine Eltern war „was Ordentliches“ natürlich lieber und da schon jemand aus meiner Familie im Personalbereich arbeitete…
„Klingt doch eigentlich ganz okay, das mit diesem Personaler“, dachte ich. „Und man kann da ja eventuell sogar ein bisschen was verdienen.“
Ehrlich gesagt habe ich auch immer gedacht, dass ich irgendwann was anderes machen werde. Dass das nur der Anfang des Berufslebens ist und dann wird sich nach ein, zwei Jahren was anderes finden.Vielleicht doch noch die Rockstarkarriere.
Nun bin ich ja doch schon eine ganze Weile in diesem Beruf. Auch wenn es mir wie gestern vorkommt, dass ich in den Joballtag gestolpert bin, habe ich mittlerweile doch schon einiges erfahren und erlebt.
Ich bin zwar noch nicht altersweise, aber ich dachte mir: Warum nicht mal meine Erfahrungen teilen?
Und hier sind sie (Trommelwirbel): Meine größten 6 Learnings nach fast 7 Jahren Personalbereich.
Halt! Stopp! Bevor ich es vergesse – hier nochmal laut und deutlich für alle:
NEIN, Personal kann NICHT jeder!
So. Nun kann’s losgehen! 🙂
1. Du weißt manchmal mehr, als du vielleicht möchtest.
Es ist so: Du wirst viele Informationen bekommen, die andere nicht haben. Du weißt es vielleicht zu Anfang noch nicht genau, welche das sein sollen außer Gehaltszahlen. Aber es gibt da eine Menge Dinge, die du mitbekommst. Manche sind toll: Wer ist schwanger. Manche weniger: Wer hat Eheprobleme, wessen Familienangehöriger ist gerade verstorben.
Es gibt also tolle Sachen, die man vor allen anderen Mitarbeitern weiß, aber eben auch belastende. Wenn du schon eine Woche vor dem Gespräch weißt, wer seine Probezeit nicht besteht, dann ist das kein besonders tolles Gefühl.
Du musst dir also a) bewusst sein, dass du nicht alles ausplaudern kannst und darfst und b) dass du auch mit Schicksalsschläge klarkommen und im Ernstfall für den Mitarbeiter auch eine emotionale Stütze sein musst.
Das bedeutet aber in keinem Fall, dass du aufgrund dieser Position nicht nahbar sein kannst. Im Gegenteil: Ich plädiere unbedingt für die Nahbarkeit – sonst verpasst du das meiste!
Was ich damit meine, findest du im nächsten Punkt.
2. In deiner Rolle als HR kannst du definitiv einen Unterschied machen.
Wie oben beschrieben: Als HRler wirst du auch mal bestimmte Infos bekommen, die andere (noch) nicht haben. Das sollte dich aber nicht zu Allmachtsfantasien verleiten. Niemand hat Lust auf einen Kollegen, der gar nichts von sich oder seiner Arbeit Preis gibt. Soziale Isolation ist damit vorprogrammiert.
Damit meine ich nicht, dass du abends nach dem dritten Bierchen über die Gehaltsgefälle in der Abteilung xy wettern solltest. Sondern, dass du transparent machen solltest, was du den ganzen Tag so machst.
Informiere daher auf Meetings und im Gespräch darüber, an welchen Themen du gerade sitzt.
Voraussetzung für den Erfolg als Personaler ist, dass du Menschen magst, du Lust hast, Teil des Unternehmens zu sein und du den Wunsch hast, einen Unterschied zu machen.
Ich kenne aus meinem eigenen und aus dem Berufsalltag von Kollegen Beispiele, die einen sprachlos machen. Ganze Personalabteilungen, die prinzipiell nicht ans Telefon gehen. Personaler, die ihr Büro zweimal abschließen, auch wenn sie nur kurz aufs Klo gehen. HRler, die Mitarbeiter ignorieren, selbst dann, wenn diese persönlich in ihrer Tür stehen.
Manchmal kann man auch als HRler also durchaus nachvollziehen, weshalb man in manchen Unternehmen erstmal geringere Wertschätzung erfährt. Hier ist es einfach wichtig, sich durchzubeißen. Den Unterschied zu machen für die Mitarbeiter und die Führungskräfte.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass du es allen zu jeder Zeit recht machen musst. Daher:
3. Rollendefinition und „Nein“ sagen: Die Königsdisziplinen auch und gerade für deine Position.
„Wir brauchen mal jemanden für HR! Naja, eigentlich brauchen wir aber auch wen, der hier das Office schmeißt!“ „Naja okay, dann kann der oder die aber auch noch die Abrechnungen mitmachen!“…
Das Berufsbild und die Aufgaben des Personalers sind nirgends wirklich festgeschrieben. Die Rolle wird von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ausgelegt. Würde man einem Buchhalter sagen, er solle morgen früh bitte noch die Gäste empfangen und in den Besprechungsraum führen („Und Kekse wären auch nett!“) – ich würde mal gerne dessen Gesicht sehen.
In großen Unternehmen gibt es meist klare Rollenbeschreibungen – und vom operativen HRler bis zum zentralen Experten alle möglichen Zwischenfunktionen. Aber wenn es das alles nicht gibt, die Firma klein und neu ist, musst du dir die Rolle selbst zurechtziehen.
Dabei ist es wichtig, dass du nicht im Bermudadreieck der vielfältigen Anforderungen verschwindest.
Ich kenne sehr viele HRler (mich eingenommen), die sich automatisch für alles verantwortlich fühlen. Kaffeemaschine kaputt? Jaja, ich kümmer mich. Spülmaschine nicht ausgeräumt? Klar, komm, die 5 Minuten – ist ja klar, dass es mal wieder kein anderer macht. Doch dafür gibt es weder Lob für deinen Job, noch kommst du dazu die Dinge zu tun, für die du eigentlich eingestellt wurdest.
Suche also hier im Zweifel schnell das Gespräch mit dem Management, führe Stundenlisten zu deinen verschiedenen Tasks und mache dir und anderen so klar, wieviel Zeit für was genau draufgeht. Damit hast du auch eine gute Argumentationsgrundlage, um weitere Funktionen aufbauen zu können (z.B. einen Office-Manager, wenn die Office-Tasks einfach überhandnehmen).
Beziehe dich bei deiner Rollenklärung z.B. auf die Stellenausschreibung, wegen der du damals gekommen bist. Zeige auf, was deiner Meinung nach deine Aufgaben sind und was nicht in deinen Zuständigkeitsbereich fällt. Der Aufwand wird sich am Ende für alle Beteiligten lohnen.
Dabei wird es sicherlich auch konträre Positionen geben. Aber lass dich davon nicht verunsichern. Als HR braucht man manchmal einen längeren Atem. Was uns zum nächsten Punkt bringt.
4. Als HR lernst du, auch unangenehme Dinge auszuhalten.
Ich sag es nur ungerne nochmal, aber Personaler zu sein bedeutet nicht nur, dass du tolle Leute einstellen und Gehaltserhöhungen ausstellen darfst. Unangenehme Gespräche gehören leider dazu.
Sei es, wie anfangs beschrieben, dass dir jemand ein persönliches Schicksal anvertraut, das berühmte Kündigungsgespräch oder die Aussprache von Abmahnungen: Du musst dir bewusst sein, dass auch schwierige Dinge von deiner Rolle als HR verlangt werden.
Das bedeutet nicht, dass du ein Eisblock sein musst, sondern dass du dir eine professionelle Haut zulegen musst. Es ist ein schmaler Grat zwischen Empathie und Sachlichkeit in schwierigen Gesprächen. Aber genau das erwartet dein Gegenüber auch – es nützt ja nichts, wenn ihr gemeinsam heult.
Was du für solche Situation grundlegend brauchst ist eigentlich nur eines: Empathie – und darauf lässt sich dann aufbauen. Es gibt Trainings für solche Gesprächssituationen, oder du spielst es mal mit Freunden durch. Alles, was dir in diesen emotional anspruchsvollen Situationen helfen kann, sollte dir Recht sein.
A propos Freunde…
5. Herzblut ist sehr wichtig, aber man braucht auch eine Distanz zum Job.
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus gesprochen, ist das die schwierigste Disziplin für das HR-Herz. Die meisten meiner Kollegen haben eine Menge Herzblut für ihren Job. Sie nehmen ihre Rolle sehr ernst und möchten den Unterschied machen, Dinge ermöglichen und ein wichtiger und unverzichtbarer Teil des Unternehmens sein.
Das ist auch alles toll, aber oft wird darüber vergessen, dass man aus Sicht der Geschäftsführung als HR einfach auch nur ein Mitarbeiter ist.
Achtung, worst case: Geht es dem Unternehmen schlecht, bist du in den meisten Fällen die erste Stelle, die gestrichen wird (dass das logisch nicht sinnvoll ist, wäre nochmal einen eigenen Artikel wert). Warum das so ist?
Du kostest nur und bringst (rein von den Umsatzzahlen gesehen) nichts ein! Wir wissen natürlich, dass das Quatsch und zu kurz gegriffen ist. Du solltest dir diesem Umstand dennoch zumindest Bewusst sein, es sollte aber deine Arbeit nicht beeinflussen.
Wichtig ist, dass du für dich weißt, wann Schluss ist. Schluss mit „für alle da sein wollen und alles erledigen“. Dass du irgendwann heimgehst, dir auch Zeit für deine Freunde außerhalb der Firma nimmst und dir andere Erlebnisse gönnst als bis 22:00 Uhr vor deinen Mails zu sitzen.
Und das ist auch für mich immer noch die Königsdisziplin nach den sieben Jahren. 😉
6. Personaler sein ist der tollste Job der Welt.
Ich weiß, die letzten 5 Punkte zeichnen ein anstrengendes Bild vom Job des Personalers, HRler, People & Culture Manager oder wie auch immer man den Job nun nennen mag. Aber langweilig und einfach kann ja jeder!
Ich bin HRler geworden, weil ich irgendwie mit Menschen arbeiten wollte, aber nicht genau wusste, in welchem Rahmen. Ich habe gemerkt, dass ich auch gut in schwierigen und unangenehmen Situationen eine Lösung finden kann und ich mag das Wissen, dass ich einen Einfluss haben kann auf das Unternehmen – auf die Geschäftsführung, die Teamleads, die Mitarbeiter.
Zu wissen, dass ich manchmal den Unterschied machen kann, ist super. Auch wenn das Gegenüber das vielleicht auch manchmal nicht so sieht. 😉
Ich darf an vielen Themen mitarbeiten, darf viel gestalten, die Organisation entwickeln und kann das Unternehmen nach außen vertreten. Ich lerne unheimlich viele verschiedene Persönlichkeiten kennen und daran selbst wachsen.
Da ich nun wirklich nicht die einzige Personalerin auf der Welt bin, hab ich hier noch ein paar Statements von Kollegen gesammelt zur Frage:
„Warum hast du dich dafür entschieden, Personaler/ HRler zu werden?“
Christina, Young Professional, Dreieich: “ ‚Was mit Menschen‘ 😂 Scherz – ich kann sogar Mathe und finde es spannend, unterschiedliche Menschen und deren Lebensgeschichte kennenzulernen.“
Diana Roth, HRM-Coach, Bern/Schweiz: „Aus Neugier.“
Lars Richter, Münster, Trainer/Personalentwickler: „Ich bin in der Personalentwicklung, weil ich selbst gerne lerne und gerne Umgebungen schaffe, die anderen die Möglichkeit geben, zu wachsen.
Sarah Bienderra, People & Culture, Bielefeld: „Ich mag HR tatsächlich wegen den Menschen. 😉 Gemeinsam ein Unternehmen gestalten und Weiterentwicklung ermöglichen – toll!“
Eva Planoetscher, Head of HR, Exil-Tirolerin: „Zufall. Mein Chef glaubte, dass das zu mir passt. Ich wollte ins Marketing. Eigentlich eh artverwandt.“
Julian Fichter, HR, Berlin: „Mit sensiblen Themen vertrauensvoll umgehen, das ist herausfordernd und spannend. Außerdem wollte ich schon immer mal auf der anderen Seite in Vorstellungsgesprächen sitzen:)“
Andrea Hartenfeller, Personalerin aus Hessen: „Weil ich dachte, das kann doch so schwer nicht sein für eine Pädagogin/ Musikerin. (War es dann doch, aber das ist eine andere Geschichte).“
Jannis Tsalikis, Head of HR, Berlin: „Bei mir ist es ein Klassiker: Ich war schon in der Schule immer derjenige, der zwischen den Cliquen übersetzt hat. Ich kann eben gut mit allen.“
Anja Forstenhäusler, HR, Frankfurt am Main: „…da es Mutige braucht, die für die Themen brennen, Hürden kreativ überwinden lernen und immer wieder aufstehen und begeistern können. HR mit der Kombi Business und People für die Gegenwart und Zukunft stärken, ist mein Ziel.“
Was lautet dein Statement? Warum bist du Personaler geworden? Schreib‘ es in die Kommentare! Bin gespannt! 🙂
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