#1: Cornelia Hoppe im Interview mit Sergej Zimpel

Hier ist es also. Das erste Interview aus der Reihe: Coole Interviews mit und von coolen Menschen.

Den Auftakt machen Cornelia Hoppe und Sergej Zimpel.

Cornelia Hoppe habe ich erst durch dieses Interview „kennen gelernt“ und ich muss sagen: Klare und extrem straighte Einstellungen. Cornelia würde ich nach lesen dieses Interview zutrauen, die kaumgummizähen Koalitionsverhandlungen zur Bundesregierung in zwei Tagen durchzuziehen. Ihre Einstellung zum Leben und zum Job macht Cornelia schon durch den Namen ihrer Consulting-Firma „DONE!“ klar: Nicht lang schnacken, wir bekommen den Kram gebacken. In ihrer eigenen Vorstellung auf der Webseite setzt sich das Bild fort. Um mal zwei Zitate rauszufischen: „I fear no challenge, inside or outside of my business.“ und „My baseline: There is no love in a company, just business and numbers (ok, a little love has every company. But it´s rather magic)“. Mich wundert nicht, dass sich Sergej Cornelia als Interviewpartnerin ausgesucht hat. Sergej kennt wahrscheinlich mehr Leute, als du und ich und wir zusammen. Wenn es was in Recruiting und HR zu wissen und zu lernen gibt: Sergej hat es schon längst Intus.


Er ist nicht nur ein exzellenter Gesprächspartner, wenn man Rat oder wahlweise auch einen hinter die Löffel will – er ist einfach ein Community-Mensch. Als Mitgründer der legendären Purple Squirrel Society e.V. hab ich ihm ungefähr meinen kompletten Werdegang mitzuverdanken. Seit neustem hat er auch einen Blog. Ohne Sergej hätte ich weder Mut noch Power gehabt, meinen Job zu verlassen, in dem ich unglücklich war, noch würde es diesen Blog überhaupt geben. Daher war er auch der Erste, den ich gefragt hab, ob er mitmacht. 10 Sekunden später war sein „ja“ im Postfach, 3 Tage später das Interview fertig.
DONE!
Und jetzt viel Spaß beim Interview!

Sergej über Cornelia:

Ich habe Cornelia als externe Beraterin für ein Recruiting Projekt für das ich der interne Zuständige war, kennengelernt.
Als sie meine ersten Stellenausschreibungen für das Projekt fertig hatte meinte Cornelia dazu: “Nein, die gehen gar nicht!” – und sie hatte recht. Ich habe damals unsagbar viel von Cornelia gelernt und bin bis heute von ihren Recruiting Skills und ihren wunderbar klaren Ansagen beeindruckt.

Cornelia, was ich Dich überhaupt noch nicht gefragt habe: Was hat Dich eigentlich zum Recruiting gebracht?

Damals wie heute habe ich ca. 500.000 Ideen am Tag. Irgendwann hab ich dann wohl mal gedacht – und das hat sich auch bestätigt – wenn ich nicht schon selber 800 unterschiedliche Jobs machen kann, dann will ich wenigstens von denen hören. Und die Legitimation haben, auch jeden Job zumindest in der Theorie zu können.

Zumal ja Recruitment gern unterschätzt wird a la „Ja, lass mal Kaffee trinken“.

Jetzt überleg aber mal, was Du als Recruiter alles entscheidest, wenn Du nen CV screenst: Wenn das ne Pfeife ist, kostet es das Unternehmen viel Geld, die Position ist besetzt und der, der vielleicht besser war, den Du aber abgelehnt hast, der ist bei der Konkurrenz und der Superstar.

Mal abgesehen, dass Du an sich wirklich Schicksal spielen kannst – ohne da zu pathetisch zu werden, aber wir haben uns doch schon alle mal gefragt „was wäre wenn ich da oder dort den Job bekommen hätte“ – und Du als Recruiter hast es entschieden. Also einfach diese Reichweite, die deine Entscheidungen haben, glaube, das ist vielen so gar nicht klar.

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Cornelia Hoppe, CEO DONE! Consulting

Und was machst Du heute?

Ich habe seit über 4 Jahren meine eigene Firma, DONE! (www.doneberlin.com) mit einem großartigen Team. Wir supporten ausschließlich StartUps zu allen HR-relevanten Fragen, manchmal auch ein wenig unorthodox, wie Du ja auch selber weißt, denn das Weichspüler-Programm haben wir so nicht im Angebot. Wir machen alles von Recruitment über Admin, Aufbau von Teamkonstellation und Kommunikations- und Führungstrainings (wobei ich da sehr genau schaue, ob ich dem Publikum wirklich was geben kann oder nicht).

Du bist nicht nur im Recruiting aktiv, sondern engagierst Dich auch im sozialen, beziehungsweise politischen Bereich. Was machst Du da genau?

Ich bin sehr aktiv im Bereich des Nicht-Vergessens, sprich, ich setze mich stark dafür ein, dass zum einen die nunmehr leider allerletzten Menschen, welche den Krieg und v.a. das Holocaust überlebt haben, eine Stimme haben, aber auch Unterstützung bekommen. (Ja, eine Therapie wird denen nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt; überlegt Euch mal, was diese Menschen erlebt haben und warum Leute heute zum Psychologen gehen – sicherlich hat alles seine Zeit, aber ich finde es notwendig, hier viel zu supporten).

Initiativen wie „Weiße Rose“, „Stolpersteine“, die „Elie-Wiesel-Stiftung“, „Amcha“ – großartigst. Zum anderen arbeite ich sporadisch für eine Hilfsorganisation im Ausland, worüber ich jedoch nicht öffentlich sprechen kann und darf, da es zu viele Implikationen hätte.

Wenn Du auf deine HR Karriere schaust: Was waren die größten Hindernisse auf deinem Weg und wie hast Du sie bewältigt?

Ich habe jetzt wirklich lang darüber nachgedacht – ich glaube, das größte Hindernis war wenn dann immer ich. Ich bin da immer noch am Bewältigen, weil ja auch ich gern mal Denkmuster XY drauf habe und das ist mega hinderlich (wenngleich auch hilfreich und bequem).

Oder früher musste immer alles perfekt sein. Muss es das? Nein. Es muss funktionieren. Ansonsten haben mir – zumindest nicht, dass ich mir dessen bewusst bin – niemals Leute  Steine in den Weg gelegt – oder ich hab sie einfach nicht als solche gesehen. Klar ist manches ärgerlich, aber Du siehst, ich kann mich wirklich an nichts Gravierendes erinnern und lösche das wirklich schnell bzw. versuch es irgendwie so zu framen, dass es offensichtlich nicht so schlimm ist.

Grundsätzlich ist es schon auch so, dass ich nicht nur einmal da stand und dachte „Hö? Worüber reden wir grad? Null Plan…“, mir dann den Krams zusammen-gefragt und -gegoogelt hab. Die Wahrheit ist doch: Wenn ich den Job nicht mache, macht’s ein anderer. Und der weiss andere Aspekte nicht. Ich halte mich nicht mit den Hindernissen auf, die werden aus der Welt geschafft und fertig. Ich bin wirklich zutiefst überzeugt davon, dass in unserem kleinen Teil der Welt alles lösbar ist.

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Sergej Zimpel, Recruiting Manager ProSiebenSat.1 Media SE und Tausensassa

Als “hetero, männlich, weiß und reich” erlebt man ja eher selten Diskriminierung. Leider sieht das für Frauen in der Berufswelt oft noch anders aus. Hast Situationen erlebt bei denen Du glaubst dass es ein Mann leichter gehabt hätte?

Nein. Ich weiß, dass das nicht die gängige Antwort ist und jeder, der mich halbwegs kennt, weiß meine klare Meinung zur Genderdebatte.

Ich glaube an folgende Dinge:

a) Hätte die Evolution, Natur, Gott – you name it – gewollt, dass Frauen hirntechnisch Männern unterlegen wären, hätte das jemand/etwas so eingerichtet. Dem ist aber nicht so.

b) Realitäten, Fronten, Geschichten, „Wir“, „Ihr“ entstehen im Kopf und damit durch Verhalten. Das wiederum durch alle möglichen Puzzleteile der Sozialisation (über mein großes Glück an der Stelle später).
Ich denke aber, dass durch Frauenstammtische kein Miteinander stattfinden kann und wird und immer eben jemand (in dem Falle dann eben die Männer) draußen bleiben. Es sucht sich doch auch keine/r aus, ob er mit nem XY- oder XX-Chromosom geboren wird.

Es ist doch ne Frage, was man daraus macht. Und auch, wie ich Menschen und auch Männern begegne: Unterstelle ich grundsätzlich, dass alle Chauvis sind oder hat er’s eben bisher nicht anders gelernt bzw. erlebt und ich kann da in nett bei Gelegenheit (!) darauf hinweisen? Auch: Fühle ich als Frau mich bei „he guys!“ angesprochen oder exkludiert? Es ist auch ein Stück weit Betrachtungsweise von einem selbst, wie man damit umgeht und ich hab mich irgendwann entschieden, erstmal vor meiner Haustür zu kehren bevor ich andere maßregel.

c) Ich suche grundsätzlich den Dialog.

In 99% der Fälle sind auch sehr Status-bewusste und noch so crazy Männer relativ normal, wenn man in Ruhe und normal mit ihnen spricht und sie sich nicht vor jemandem produzieren müssen. Unterschätze niemals den Gruppenzwang und den damit gegebenenfalls einhergehenden Statusverlust. (Konfrontation vor anderen nützt da btw. nichts – sobald Menschen ihr Gesicht verlieren, gehen sie in Angriff über (btw: übrigens auch mir).

Man darf ja auch nicht vergessen: Auch jeder noch so Verrückte ist Sohn einer Mutter und würde sich da meistens niemals so gebärden, wie er es eben manchmal macht. Ach so ja – und das eine übrig gebliebene Prozent interessiert mich nicht, ich geb doch keinen Idioten Macht über mein Leben oder wie ich mich fühle. Soweit kommts noch!

Was ich sagen will: Wenn ich anfangen würde nur zu urteilen, in Schubladen zu stecken und keine Nachsicht zu zeigen, bin ich nicht besser als die, über welche geurteilt wird.

d) Wenn Frauen sich hinstellen und ihre Macht, ihre Position lowern mit „Hab ich nicht so gemeint“ „Oh, nimm es nicht persönlich“, weil jemand nicht mit deren Meinung einverstanden ist – dann sage ich Dir „Doch, genau so hab ich´s gemeint und das steht jetzt im Raum und damit müssen wir jetzt mal umgehen (ich verweise mal wieder auf Punkt a). Mein Tanzbereich – Dein Tanzbereich. Lass was draus machen.“

Das Ganze geht ja auch in nett und einladend. Ich wüsste nicht, warum ich eine Situation unbedingt sofort befrieden muss, damit jemand zufrieden nach Hause geht (und ich gegebenenfalls etwas nicht erreicht habe, was mir so wichtig war). Schweigen kommt dem übrigens gleich.

Ich habe bereits einige Frauen erlebt, die schweigen, obwohl mit ihnen schlecht umgegangen wurde – auf welchen Ebenen auch immer. Da sag ich: Nein! Steht auf! Ihr habt eine Wahl hier in Deutschland! Wenn Verhalten einmal toleriert wird, wird es zur Routine. Ich finde es schlimmer, nicht aufzustehen und Dinge klar zu benennen als z.B.  seinen Job zu verlieren. Für alle, die jetzt unken: Ich komme nicht aus einer wohlhabenden Familie und weiß, was arbeitslos bedeutet. Unbequem, aber es geht weiter.

Verhandlungsbereit bin ich immer – aber nicht um jeden Preis. Jeder, der mich auch kennt weiss sehr wohl, wann bei mir finito ist und wo die Grenzlinie gezogen wird.

Ich habe allerdings auch von Hause aus die idealen Voraussetzungen: 2 Brüder und ein Vater (sowie Mama), die mich absolut gefördert haben; Lehrer und Mitschüler, die mich nie als „fleißig“ sondern als „begabt“ attribuiert haben, Bücher, die z.B. mein großes Vorbild Marie Curie statt eine Prinzessin Elsa portraitiert haben. Da geht man gut gerüstet und mit klaren Meinungen (die immer mal justiert werden, es kommen ja immer News hinzu) in die Welt.

Ich kann Konflikte gut aushalten und auch nach Hause gehen mit dem Wissen „Der/ die ist grad nicht mein Fan“. Ich kann absolut ruhig schlafen, auch wenn mich nicht alle Welt liebt. Am Ende ist es doch so: Die, die mich wirklich mögen sollten und müssen, sitzen mit mir unterm Weihnachtsbaum.

Und was können wir Männer dafür tun, die Situation zu verbessern?

Ebenso im Dialog bleiben. Brücken bauen. Nicht wegschauen, gerade auch, wenn ihr Stories hört, wo Frauen nicht gut behandelt wurden (im Großen wie im Kleinen).

Was kann denn im schlimmsten Fall passieren? Dass ihr Euren Status verliert? Wem gegenüber denn? Steht auf, akzeptiert kein Verhalten, was ihr, wenn ihr  Betroffener wäret, nicht auch akzeptieren würdet. Wegen mir, macht nen Bauarbeiterspruch in eurer Runde, aber zieht eine klare Linie, wenn es darum geht, dass Frauen abschätzig behandelt werden – auch wenn es subtil ist.

Welchen Tipp gibst Du jungen HRlerInnen, die in den ersten Job starten?

Ihr habt eine Wahl, ihr könnt mitgestalten. Seid und bleibt humble und diszipliniert, erwartet nicht, dass HR ein Sozialjob ist. Beobachtet viel, lernt viel, lest viel, unterhaltet euch viel und dann baut euch euren eigenen Kompass, der euch durch alles durchleiten kann.

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